•
„Schwarzhörern" empfiehlt STEREO
monatlich die besten Schallplatten
des „Schwarzmarktes"
Rodrigo y Gabriela
11:11
Rubywotks/Music On Vinyl, vinylkatalog.de
/
/
- /
/
III
I
Wenn auf zwei LP-Seiten mit fast
lupenreiner Gitarrenmusik keine
Erschöpfung bei Interpreten und
Zuhörern eintreten soll, müssen
sich die Künstler schon einiges
einfallen lassen. Rodrigo Sanchez
und Gabriela Quintero sind zwei-
fellos Meister ihres Fachs. Was
die beiden Ausnahmegitarristen
in ihrem Heimatland Mexiko für
das vorliegende - räumlich, dy-
namisch und tonal hervorragend
aufgenommene und ohne auch nur
einen Knackser gepresste - Opus
in die Langrille brachten, ist schon
erstaunlich: elf Titel, weitgehend
nur im Duo musiziert, mit nie ver-
siegender Spielfreude. Zudem ist
hier eine Weiterentwicklung des
musikalischen Spektrums im Ver-
gleich zu älteren Alben erkennbar.
Man mag kaum einen der elf Titel
herausheben, denn dynamisch
und kompositorisch hat jedes
Stück seinen Reiz; „Atman“ glänzt
zusätzlich mit einem virtuosen
E-Gitarren-Solo von Alex Skolnick,
das jedem Hardrockalbum bes-
tens zu Gesicht stünde. Ein sehr
kurzweiliger, immer wieder durch
perkussive Elemente unterstütz-
ter Parforceritt. Die Welt aus dem
Blickwinkel der Gitarre. Sehr stark!
Michael Lang
Diverse M usiker
REFERENCE SOUND CHECK
In-Akustik
2
LPs, vinylkatalog.de
Nicht zuletzt als Marketing für
ihre exzellenten Reference-Kabel
veröffentlicht die Firma In-Akustik
(seit Kurzem auch neuer deutscher
Vertriebs-Heimathafen für Piega)
dieses Doppelalbum. Die Bandbrei-
te der ausgesuchten Stücke reicht
von audiophilen Blues-Größen
wie Hank Shizzoe über das Ray
Brown Trio und Kari Bremnes’ fas-
zinierende Stimme bis hin zum an-
springend dynamischen „Tricycle“
von Flim & the BB’s: musikalisch
interessant und ein echter Knaller
für HiFi-Demonstrationen.
Unter dem Siegel „RESO Mas-
tering“ hat In-Akustik die Tracks
in den Bauer Studios remastern
lassen, um eine besonders plas-
tische, transparente, dynamisch
gesteigerte und auch im Tiefton-
bereich verbesserte Wiedergabe zu
erzielen. Das ist hervorragend ge-
lungen, und auch der DMM-Schnitt
von Pauler Acoustics trägt das
seine zu diesen besonders lufti-
gen und faszinierend detailreichen
Klängen bei. Fertigungstechnisch
ist das Doppelalbum aus schwerem
180
-Gramm-Vinyl tadellos, wobei
die gleichnamige CD klanglich
nicht minder überzeugt.
Tom Frantzen
Pink Floyd
THE DIVISION BELL
Patlaphone
2
LPs, dacapo-tecotds.de
Auch wenn gerüchteweise zu hören
ist, dass Pink Floyd an noch vorhan-
denem Archivmaterial respektive
einer neuen Platte werkeln, ist „The
Division Bell“ bislang das
14
. und
letzte Studioalbum der legendären
Band. Es entstand vor
20
Jahren,
erreichte in Deutschland, England,
den USA und sieben weiteren Län-
dern Platz
1
der Albumcharts und
konnte zudem einen Grammy in der
Kategorie „Best Rock Instrumental“
einheimsen - ohne übrigens rein
instrumental zu sein. Mir persönlich
hat dieses vergleichsweise weniger
N E U E S A U F V I N Y L
psychedelische, wieder etwas bo-
denständigere Album schon immer
hervorragend gefallen - im Gegen-
satz zu Roger Waters, der es für
„Bockmist .
.. Blödsinn von Anfang
bis Ende“ hält, der an diesem Werk
aber - wenig überraschend - auch
gar nicht beteiligt war.
Klanglich muss es zu den besten
Pink Floyd-Alben überhaupt gezählt
werden: Energie bis in die tiefsten
Register, weiträumig, offen und von
unglaublicher Klarheit bis in die
feinsten Details. Die Neuveröffentli-
chung auf schwerem Vinyl hat auch
im Vergleich zu meinem - allerdings
schon „abgenudelten“ - Original
die Nase vorn. Die Fertigung der
Doppel-LP ist tadellos, die Platten
sind plan und gut zentriert, das
Nadelgeräusch ist durchschnittlich.
Tom Frantzen
The The
SOUL M INING - 30TH
ANNIVERSARY DELUXE EDITION
Sony
2
LPs, dacapo-tecotds.de
Dieses offizielle Debütalbum von
The The zwölf Jahre nach dem
CD-Remaster aufwendig und teu-
er auf Doppel-LP nachzureichen,
kann man dem Bandleader Matt
Johnson
nicht
als
Snobismus
vorwerfen. Mehr denn je genießt
„Soul Mining“ den Status eines
zunächst verkannten Meisterwerks
(auch wenn manche jener lange
„verschollenen Schätze“, die etwa
in der Zeitschrift Mojo inflationär
„wiederentdeckt“ und gepriesen
werden, im Grunde nur zweit- und
drittklassige Raritäten sind).
Mit seinen verblüffend analog
klingenden Synthipop-Experimen-
ten, in denen gelegentlich auch
Akkordeon, Fiedel und Cello ihren
musikalisch
höchst
reizvollen
Platz fanden, artikulierte John-
son - schwer auf Ecstasy, Jahre
bevor das zur Modedroge wurde
- gleichermaßen Überdruss, Wut
und Einsicht: einsamer Singer/
Songwriter in seinem ganzen Hei-
degger’schen „Geworfensein“ in
die Welt, aber streng gegen Selbst-
mord als Konsequenz („Death is
not the answer/For your soul may
burn in hell!“), seine Verachtung für
das Thatcher-Regime mindestens
so unverblümt äußernd wie etwa
Paul Weller. Sich dabei im Übrigen
einbeziehend mit Versen wie „I’m
just a symptom of the moral decay/
That’s gnawing at the heart of this
country.“
Anders als Lou Reed oder die sich
zu Morphium, Opium, Kokain und
anderen Rauschmitteln bekennen-
den Blues-Vorväter thematisierte
er seine Drogensucht lieber nicht
explizit in Songs, bot wie die Syn-
thipop-Konkurrenz mit „This Is
The Day“ und „Giant“ sogar ein
paar richtige Ohrwürmer an. Gro-
ße Songpoesie waren Bekenntisse
wie „The cancer of love has eaten
out my heart“ definitiv nicht. (Der
Mann war da
20
.) Auch bekannte
er sich anders als John Lennon
zu tiefem Pessimismus mit den
Versen „Another year older and
what have I done/My aspirations
have shriveled in the sun“ - dessen
„Happy Xmas (War Is Over)“ zitie-
rend. Erfolgreich wurde er damit
noch nicht, das Album schaffte es
nur ganz knapp in die Top
30
der
englischen LP-Hitparade.
Als Zugabe lassen sich alle Auf-
nahmen aus dem Netz runterladen
- angeblich ausdrücklich abgetas-
tet von einer Vinylpressung der-
selben! Ob man da den (klanglich
mit der Vinylüberspielung praktisch
total identischen) Band-Aufnahmen
Störgeräusche eigens hinzufügte,
wäre noch genauer zu analysie-
ren. Denn auffälliger als Knistern
oder Rillenrauschen (minimals-
tes!) ist hier ein permanentes,
gleichbleibendes mechanisches
(!) Laufwerksgeräusch - das am
Ende der jeweiligen LP-Seiten brav
langsam ausgeblendet wird! Ein so
singulärer wie bizarrer Scherz. Nor-
malerweise versucht man Transfer
von Vinyl für CD durch vorzeitiges
Ausblenden zu verschleiern.
Franz Schöler
STEREO 10/2014 133